Grauzonenpositionierung

Grauzonen-positionierung

Grauzone im SZ? Nein, Danke! Weder im laufenden Betrieb, noch auf Privatveranstaltungen!

I. Zusammenfassung und allgemeine Erklärung
II. Was ist für uns Grauzone?
III. Umgang im SZ
I. Zusammenfassung und allgemeine Erklärung

GRAUZONE IM SZ? NEIN, DANKE! Weder im laufenden Betrieb, noch auf Privatveranstaltungen!

Das Soziales Zentrum Norderstedt (SZ) versteht sich als emanzipatorischer Ort vielfältigen links-politischen Austausches, als Ort der Ideenentwicklung und -verwirklichung . Hier wollen wir unsere Vorstellung eines solidarischen Lebens gemeinsam miteinander gestalten und uns organisieren können, um in den (vor)herrschenden politischen Betrieb zu intervenieren. Uns geht es dabei darum sexistische, homophobe, nationalistische und rassistische Mechanismen zu erkennen und ihnen entgegenzutreten. Wir verstehen uns explizit als linker, politischer Raum. Deshalb haben wir keinen Bock auf Grauzone.

Grauzone im Allgemeinen.

Das Phänomen der so genannten „Grauzone“ findet sich in fast jedem Musikgenre; mal mehr, mal weniger explizit. Wichtig scheint in der Auseinandersetzung im Bereich Grauzone, dass Bands und Fans, die ihr zugerechnet werden, weder zwangsläufig Nazis oder Rechte sind, noch „handfeste“ Berührungspunkte mit der rechten Szene haben. Es geht vielmehr darum, dass eine latente Offenheit gegenüber Rechten (Inhalten) vorhanden ist. Dieser Offenheit wird häufig mit konservativen bis reaktionären Wertvorstellungen, unter dem Label des „Unpolitischen“, Vorschub geleistet.

So verstehen sich Bands, die der Grauzone zugeordnet werden, meist selbst als „unpolitisch“ und versuchen sich so gegenüber den, von ihnen meist als strikt einheitlich, schwerfällig verstandenen, politischen „Lagern“ abzugrenzen.

Dieses „unpolitisch“-Sein zeigt sich vor allem darin, dass die eigenen Musiktexte nicht als politische Statements wahrgenommen werden, sondern als emotionaler Ausdruck ihrer Gefühle verstanden werden wollen. Damit würden sie allerdings von jeglichem politischen Gehalt freigesprochen. So könnte z.B. die Meinung, dass Schwule „ja abnormal“ seien, als ganz legitimes Gefühl ohne politische Implikation verstanden werden.

Aber das wäre falsch, denn: (fast) jede Interaktion mit der Umwelt ist politisch! Insbesondere das Ausdrücken von Emotionen, als Reaktion auf einen wahrgenommenen Zustand!

Besonders in dem Bereich der „unpolitischen“ Bands und Fans werden in Texten, Statements, Symbolik und Ästhetik oft Wertvorstellungen vertreten, die Anknüpfpunkte an rechte Lebenswelten bieten. Insbesondere (Konstrukte wie) Familie, Vaterland und Nationalstolz werden häufig als unproblematische, „natürliche“ Werte verstanden. So finden sich gerade bei sich als „unpolitisch“ verstehenden Szenen immer wieder homophobe, sexistische, rassistische, antisemitische und nationalistische Inhalte, die auf Stammtisch-Niveau vorgetragen werden und sich nur marginal z.B. von denen der CSU unterscheiden.

Auf Basis des eigenen „unpolitisch“-Seins erfolgt dann eine der Extremismustheorie folgende Gleichsetzung von Linken und Rechten, wie sie unter anderem auch von der Bundesregierung forciert wird. Menschenverachtende Politik und rassistische Morde werden so mit emanzipatorischen Vorstellungen und antifaschistischem Kampf gleichgesetzt.

Anschlussfähig für rechte Lebenswelten wird die Szene vermeintlich Unpolitischer neben den Inhalten auch dadurch, dass die Szenegemeinschaft über alles gestellt wird. Hierbei spielt der sogenannte „Unity“-Gedanke eine große Rolle: So lange niemand explizit mit „Politik“ kommt, kann man gemeinsam feiern. Dabei stellt es dann auch kein Problem dar, den einen Abend zusammen mit bekannten Nazis bei einer „unpolitischen“ Band zu saufen und am nächsten Abend, vielleicht sogar mit „Good Night White Pride“-Aufnäher, im lokalen Autonomen Jugendzentrum zusammen mit linken Punks, Skins und Autonomen abzufeiern.

II. Was ist für uns Grauzone?

Wir halten für uns folgende Kategorien zur Definition des Begriffs “Grauzone” fest:

Grauzone sind für uns Bands, die

1. … Konzerte in bekannten rechten Locations spielen.
2. … mit rechten / rechtsoffenen Bands spielen und nichts dagegen sagen.
3. … auf Labeln mit rechten / rechtsoffenen Bands veröffentlichen.
4. … selber „grenzwertige“ Aussagen in Texten / Interviews treffen.
5. … Aussagen / Texte gegen „die“ Antifa haben.
6. … offensichtlich Rechte unter ihren Fans haben und sich nicht dazu verhalten.

Was soll das bedeuten?

zu 1:
Beispiel: Der überregional bekannte Veranstaltungsort „Moloko Bar“ (vormals „De Kastelein“) in Brügge, Belgien. Dort treten bekannte und unbekannte Nazibands auf. Der Laden unterstützt und profitiert von „Blood and Honour“-Strukturen. Trotzdem spielen dort immer wieder auch sich selbst als „unpolitisch“ bezeichnende Bands (z.B. Discipline). Auch direkt zusammen mit Grauzonen- und/oder Nazibands auf gleichen Veranstaltungen.

zu 2:
Beispiel: „Rotz und Wasser“ auf dem Spreewald Rock Festival 2013 mit z.B. „Martens Army“ oder „Schusterjungs“.

zu 3:
Beispiel: Das Label „Better than Hell Records“ veröffentlicht Tonträger von „Kärbholz“ und „Saitenfeuer“. Die sich als unpolitisch, bzw. sogar linkspolitisch verstehende Band „Betontod“ lässt ihre Platte ebenfalls von dem Label veröffentlichen.

zu 4:
Beispiel: Die Band „Gerbenok“ mit ihrem Song „Die neuen Hippies“: „Das soll jetzt nicht rassistisch klingen, doch es ist nun einmal so. Irgendwelche Asylanten dealen auf dem Bahnhofsklo. Mit langem Haar und schöner Bräune steh`n sie an der Litfasssäule. Schicken Kinder auf den Strich…“

zu 5:
Beispiel: Handelt es sich bei der Band um eine (ansonsten) sich nicht politisch verhaltende Band, nehmen wir die Aussage gegen „die“ Antifa als alleinigen Anhaltspunkt für den politischen Standpunkt der Band (generell gegen eine antifaschistische Bewegung). Handelt es sich um eine Band, die sich sichtlich links-politisch positioniert (durch Liedtexte, Aktionen oder Aussagen z.B. in Interviews), wird der Sachverhalt zum Thema Antifa im Einzelnen entschieden. Uns geht es nicht darum, Kritik an einzelnen Antifa-Aktionen oder -Gruppierungen generell abzusprechen. Einer pauschalierenden Ablehnung der antifaschistischen Bewegung wollen wir aber keinen Raum bieten. Das SZ begreift sich als Teil dieser Bewegung. Ein Kriterium für ein „Nicht-auf-die-Liste-setzen“ ist unter anderem, dass das entsprechende Lied von der Band nicht mehr gespielt wird.

zu 6:
Beispiel: Unwidersprochene Hitler-Grüße (vor, bzw. auf der Bühne) bei Konzerten der Band „InForm“ oder auch „Glorreiche Halunken“ (Böhse Onkelz-Coverband).

fist

Er so:
„Waaas??? Aber das ist doch voll die korrekte Band!“
Sie so: „Häh??? Das is` doch keine Grauzone, für mich sind das Nazis!“
Wir so: Ja, es ist A-L-L-E-S Definitionssache.

Uns ist bewusst, dass die Grenzen zu den Kategorien manchmal schwimmend sind, dass sich politische und persönliche Ansichten mit der Zeit und Entwicklung verändern können und dass fragwürdige Aussagen manchmal im Nachhinein revidiert, ergänzt oder plausibel aufgeklärt werden können. Dass der Prozess nicht zwangsläufig ein abgeschlossener sein muss, sondern ein fließender sein kann. Aber hieraus für uns eine Handlungsunfähigkeit herzuleiten halten wir für falsch.

Um es noch einmal deutlich zu sagen:
Wir erwarten nicht von jeder Person, dass er*sie mit einem „ausgereiften“ linken Weltbild durch die Welt bewegt. Wir tun das auch nicht. Wir weigern uns aber oben genannte Positionierungen unwidersprochen hinzunehmen und damit einer Legitimation reaktionärer Inhalte Raum zu bieten.

III. Umgang im SZ

SZ-Umgang mit Grauzonen Musik:
Es wird keine Musik von Grauzonen-Bands geduldet. Das betrifft sowohl Live-, als auch Konservenmusik.

SZ-Umgang mit Shirts, Aufnähern, Buttons, etc.:
(im Folgenden nur noch allg. „Motive“ genannt. Gemeint ist alles, was die jeweilige Band betrifft)

Personen, die Grauzonenmotive zur Schau tragen, werden in möglichst ruhiger Atmosphäre (separater Raum / draußen) darauf angesprochen. Es wird erklärt, dass solche Motive im SZ unerwünscht sind und warum (Aufklärung)! Es wird davon ausgegangen, dass der betreffenden Person die Vorbehalte gegenüber dem Motiv möglicherweise nicht bekannt sind.

An dem gleichen Tag soll es, außer der Ansprache, keine weiteren Konsequenzen geben. Das Motiv wird für diesen Tag geduldet und es wird darauf hingewiesen, dass bitte zukünftig auf das Tragen von Grauzonen-Motiven verzichtet werden soll.

Es kann vorgeschlagen(!) werden, das Motiv für diesen Abend abzulegen („Du musst nicht, aber wir würden uns freuen, wenn….“)

Wiederholtes, wissentliches Nicht-Respektieren dieser Aufforderung auf folgenden Veranstaltungen im SZ wird als Provokation aufgefasst. In diesem Fall entscheidet das Plenum im Einzelfall über den weiteren Umgang, ggf. Konsequenzen.

Sonderstellung der Bands „Frei.Wild“ und „Böhse Onkelz“: Auf Grund der Prominenz dieser Bands setzt das Plenum das Wissen um ihre Stellung in der Grau-/ bzw. Braunzone voraus! Motive dieser Bands werden im SZ nicht geduldet!

Ansonsten: Herzlich Willkommen, leb` dich aus!

– Dein SZ-Plenum (jeden 1. und 3. Montag im Monat, 19.00 Uhr, Stand Mai 2013)